Politische Entwicklung
Hospiz und Palliative Care für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene ist in Österreich ein vergleichsweise junger Versorgungsbereich, dessen Entwicklung in politischer Hinsicht auf das Jahr 2010 (Start des Kindergesundheitsdialogs) zurückgeht. Nach der Entwicklung eines spezifischen Versorgungskonzepts wurden verschiedene Schritte gesetzt, um diesen speziellen Bereich in der österreichischen Versorgungslandschaft zu etablieren.
Mittlerweile sind in Österreich 34 Hospiz- und Palliativangebote für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene entstanden – ohne die Grundlage einer österreichweiten Regelfinanzierung. So sind in manchen Bundesländern Einrichtungen teilweise oder sogar zur Gänze spendenabhängig. Das Hospiz- und Palliativfondsgesetz (seit 1.1.2022 in Kraft) sieht für die Hospiz- und Palliativversorgung einen flächendeckenden Ausbau und eine österreichweit geregelte Finanzierung vor.
=> Entwicklung pädiatrische Hospiz und Palliative Care in Österreich (PDF)

Meilensteine in der politischen Entwicklung von pädiatrischer Hospiz und Palliative Care in Österreich sind:
Hospiz- und Palliativversorgung von Kindern und Jugendlichen wurde erstmals 2010 in dem vom damaligen Gesundheitsminister Alois Stöger initiierten Kindergesundheitsdialog thematisiert. Die Sicherstellung von pädiatrischer Pflege und der Auf- und Ausbau von pädiatrischer Hospiz- und Palliativversorgung wurden als eigenes Ziel in der 2011 publizierten Kinder- und Jugendgesundheitsstrategie formuliert (Ziel 19).
2012 beauftragte das Bundesministerium für Gesundheit die Gesundheit Österreich GmbH (GÖG) mit Arbeiten zur Hospiz- und Palliativversorgung von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen. GÖG/ÖBIG erstellte gemeinsam mit einer Expert:innengruppe ein spezifisches abgestuftes Konzept, das die damalige Versorgungssituation in Österreich beschreibt und die nötigen Versorgungsstrukturen darstellt. Nach einem Abstimmungsprozess mit den Ländern und der Sozialversicherung veröffentlichte das Bundesministerium für Gesundheit im Juli 2013 das nunmehr österreichweit akkordierte Experten-Konzept „Hospiz- und Palliativversorgung für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene“.
2015 veröffentlichte der Dachverband Hospiz Österreich Umsetzungsempfehlungen, die das Experten-Konzept in sinnvoller Weise ergänzen.
Die 2014 eingesetzte parlamentarische Enquete-Kommission „Würde am Ende des Lebens“ setzte sich unter Obfrau Mag.a Gertrude Aubauer mit der Möglichkeit der verfassungsrechtlichen Verankerung des Verbots der Tötung auf Verlangen und des sozialen Grundrechts auf würdevolles Sterben auseinander. In vier öffentlichen Sitzungen standen auch die Themen Hospiz- und Palliativversorgung sowie die Patientenverfügung (Evaluierung und gegebenenfalls Maßnahmen zur Verbesserung, Diskussion über Vorsorgevollmacht) zur Debatte. Das Abschlusspapier, ein sechs-Parteien-Konsens mit 51 Empfehlungen an den Nationalrat, enthält auch Aussagen zum Ausbaubedarf und einer ersten Umsetzungsetappe von Hospiz- und Palliativeinrichtungen für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene.
Der Österreichische Strukturplan Gesundheit (ÖSG) ist zentrales Planungsinstrument im österreichischen Gesundheitswesen. Er stellt einen gemeinsamen österreichweiten Rahmenplan dar, den der Bund, alle Länder und die Sozialversicherung gemeinsam beschließen.
2017 wurde die Hospiz- und Palliativversorgung von Kindern und Jugendlichen in den ÖSG aufgenommen. Damit wurde das ÖSG-Kapitel „Unheilbar kranke und sterbende Menschen“, das bis dahin nur die Hospiz- und Palliativversorgung von Erwachsenen enthalten hatte, um den Bereich Kinder und Jugendliche erweitert. Die wesentlichen Aussagen des Versorgungskonzeptes für Kinder und Jugendliche, insbesondere das Versorgungsmodell und die Strukturqualitätskriterien, haben mit der Aufnahme in den ÖSG einen höheren rechtlichen Stellenwert und ein gewisses Maß an Verbindlichkeit erhalten.
Entsprechend den Empfehlungen der Enquete-Kommission „Würde am Ende des Lebens“ hat der Ministerrat am 15. Dezember 2015 die Einrichtung des Hospiz- und Palliativforums für die Dauer von 5 Jahren beschlossen. Waltraud Klasnic und Dr.in Elisabeth Pittermann wurden zu den ehrenamtlichen Präsidentinnen des von Mai 2016 bis Mai 2021 bestehenden Hospiz- und Palliativforums ernannt.
Als Hauptaufgaben des Hospiz- und Palliativforums waren festgelegt:
- Regelfinanzierung: die Entwicklung eines abgestimmten Vorschlages für eine Regelfinanzierung für alle Hospiz- und Palliativeinrichtungen für Kinder und Erwachsene
- Zusammenarbeit: Initiativen zur Förderung der Zusammenarbeit zwischen spezialisierten Hospiz- und Palliativeinrichtungen und den bestehenden Einrichtungen im Gesundheitswesen
- Ehrenamt: Aktivitäten zur besseren Einbindung von Ehrenamtlichen in die Hospiz- und Palliativbetreuung.
Im Juni 2019 erteilte das Hospiz- und Palliativforum der GÖG den Auftrag, im Rahmen einer Projektstudie die Finanzierungsmodelle aller Angebote der spezialisierten Hospiz- und Palliativversorgung in Österreich zu erheben und zu analysieren. Die GÖG stellte den Projektbericht „Regelfinanzierung in der Hospiz- und Palliativversorgung für Erwachsene, Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene“ im Mai 2021 fertig. Die Kurzfassung mit den wesentlichsten Projektergebnissen wurde im Juli 2021 veröffentlicht.
Das Hospiz- und Palliativforum erstattete dem Nationalrat jährlich Bericht über seine Tätigkeit.
Im Regierungsprogramm der XXVII. Gesetzgebungsperiode (Aus Verantwortung für Österreich. Regierungsprogramm 2020-2024) sind mehrere Vorhaben im Bereich der Hospiz- und Palliativversorgung angeführt. Im Kapitel Pflege heißt es:
- „Eine besondere Form der Pflege stellt die Palliativ- und Hospizpflege dar. Diese versucht, Menschen mit unheilbaren Krankheiten ein Lebensende in Würde zu ermöglichen. Diese Form der Pflege hat in Österreich oftmals durch das Engagement von vielen Freiwilligen funktioniert. Gerade in dieser schwierigen Zeit braucht es aber eine unkomplizierte und vor allem sichere Stütze für pflegebedürftige Menschen und ihre Angehörigen. In dieser Legislaturperiode wird die Finanzierung der Palliativpflege und des Hospizes auf sichere Beine gestellt. […]
- Palliativpflege und Hospiz in die Regelfinanzierung überführen“
=> Regierungsprogramm 2020 bis 2024 (PDF, 45 MB)
Derzeit bestehen für die Hospiz- und Palliativangebote für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene ausgesprochen unterschiedliche Finanzierungslösungen. In manchen Bundesländern sind Einrichtungen teilweise oder sogar zur Gänze spendenabhängig. Zur Absicherung des bestehenden Angebotes und zur Erreichung des Vollausbaus wird eine bundesweite, langfristig gesicherte öffentliche Finanzierung dringend benötigt.
In der 2013 beschlossenen Verlängerung des Pflegefonds wurde die Kinderhospiz- und Kinderpalliativbetreuung als Priorität bei der Umsetzung innovativer Maßnahmen festgelegt.
Mit der 2017 in Kraft getretenen Novelle zum Pflegefondsgesetz wurden für die Erweiterung der Angebote der Hospiz- und Palliativbetreuung (für Erwachsene sowie für Kinder/Jugendliche/junge Erwachsene) für den Zeitraum 2017 bis 2021 jährlich zusätzliche Mittel zweckgebunden zur Verfügung gestellt. Diese zusätzlichen Mittel (€ 18 Mio pro Jahr) wurden zu gleichen Teilen von Bund, Ländern und der Sozialversicherung aufgebracht – vgl. Pflegefondsgesetz – PFG, BGBl. I Nr. 57/2011 i.d.g.F.
Ab 1.1.2022 ist eine Folgeregelung über das Hospiz- und Palliativfondsgesetz in Kraft getreten.
Im aktuellen Zielsteuerungsvertrag auf Bundesebene, abgeschlossen für die Jahre 2022 und 2023 zwischen dem Bund, der Sozialversicherung und den Ländern, ist als Maßnahme auf Landesebene der gezielte Aufbau bzw. die Ergänzung von noch fehlenden Hospiz- und Palliativangeboten inkl. Kinderversorgung im ambulanten und stationären Bereich mit Zielhorizont Dezember 2023 festgeschrieben.
Am 1.1.2022 trat das Hospiz- und Palliativfondsgesetz in Kraft. Das Gesetz hat zum Ziel, den österreichweiten, bedarfsgerechten und flächendeckenden Aus- und Aufbau sowie den laufenden Betrieb der spezialisierten Hospiz- und Palliativangebote zu unterstützen. Dazu ist eine Drittelfinanzierungslösung durch Bund, Länder und Träger der Sozialversicherung vorgesehen: der jährliche Beitrag des Bundes ist mit 21 Mio Euro im Jahr 2022, 36 Mio Euro im Jahr 2023 und 51 Mio Euro ab dem Jahr 2024 festgeschrieben. Der finanzielle Beitrag der Länder entspricht mindestens der Höhe der Bundesmittel und der Beitrag der Träger der Sozialversicherungen maximal der Höhe der Bundesmittel.
Die Beiträge des Bundes sind Zweckzuschüsse für die Länder, um diese bei der Umsetzung der Hospiz- und Palliativversorgung zu unterstützen. Diese Zweckzuschüsse sind an bestimmte Bedingungen gebunden und für folgende spezialisierte Hospiz- und Palliativeinrichtungen für Erwachsene sowie für Kinder vorgesehen: Mobile Palliativteams, Palliativkonsiliardienste, Hospizteams, Tageshospize und Stationäre Hospize sowie Mobile Kinder-Palliativteams, Kinder-Hospizteams und Stationäre Kinder-Hospize. Qualitätssicherung sowie Aus-, Fort und Weiterbildung von haupt- und ehrenamtlich tätigen Personen in diesen Einrichtungen sind ebenfalls Teil der Förderungen.
(vgl. Hospiz- und Palliativfondsgesetz – HosPalFG, BGBl. I Nr. 29/2022)
Fazit: Das Hospiz- und Palliativfondsgesetz schafft die Grundlage für die verbindliche Planung und Umsetzung des Vollausbaus der Hospiz- und Palliativversorgung für Erwachsene und für Kinder bis zum Jahr 2025 und leitet eine neue Ära für die umfassende Versorgung schwerkranker und sterbender Menschen in Österreich ein.